Die Rede des SPD-Fraktionssprechers Richard Fischer zum Haushalt 2021 der Stadt Waldkraiburg in der Februarsitzung des Stadtrats.:
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Pötzsch,
sehr geehrte Stadträt*innen,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
liebe Bürger*innen,
zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich vor allem unserer Verwaltung sehr herzlich für die Erstellung des Haushaltsplanes danken - wie in jedem Jahr übersichtlich und korrekt dargestellt. Vielen Dank dafür.
Ohne Umschweife komme ich gleich zum ersten Punkt, den ich anmerken will - das ist die Corona Situation in unserem Land, in unserem Landkreis, in unserer Stadt. Niemand kann sagen, er sei davon nicht betroffen, es trifft fast alle, mal schwerer, mal leichter. Aber für viele ist jetzt die Zeit gekommen, wo sie an ihre Grenzen stoßen. Vor allem in finanzieller Hinsicht.
Auch für unsere Kommune trifft zu, dass wir die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erst noch zu spüren bekommen werden. Alle zukunftsweisenden Prognosen zu vorhandenen Daten basieren auf „könnte“ oder „wahrscheinlich“. Die wirtschaftliche Lage vieler Unternehmen und Geschäfte muss sich erst wieder nach Ende der Einschränkungen neu einordnen. Mit deutlichen Einbußen in finanzieller Hinsicht ist daher auf allen Ebenen zu rechnen.
Für uns als SPD Fraktion steht stets der Mensch im Mittelpunkt unserer Arbeit. Diese Pandemie zeigt uns auch, wie notwendig es ist, auf die Gesundheit unser Bürger zu achten, grenzübergreifend, denn ein Virus macht nicht an Staatsgrenzen Halt.
Einerseits ist für uns dieser Haushalt 2021 ein Zwischenhaushalt, denn erst in den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob sich Investitions- und Finanzplan so in der Zukunft umsetzen lassen. Wir müssen letztendlich feststellen, dass die Finanzentwicklung der Stadt Waldkraiburg auf unsicheren Fakten und nicht annähernd auf absehbar kalkulier-baren Daten aufgebaut ist. Wie sich die finanziellen Beteiligungen i.R. des kommunalen Finanzausgleichs entwickeln, ist ebenfalls nicht erkennbar.
Wie bereits im Stadtrat von einem Fraktionsvorsitzenden vernommen, ist das Prinzip Hoffnung eine mehr als suboptimale Handlungsstrategie.
Nehmen wir die Entwicklung der Einkommensteuer. Bis 2024 sollen es 14,2 Mio. Euro sein, dass wären 2,3 Mio. Euro mehr. Aber wie sieht es mit dem Bevölkerungszuwachs aus, wie werden die Einkommensverhältnisse sein, kommen besserverdienende Familien nach Waldkraiburg, wie werden die Schlüsselzuweisungen ausfallen? Ungeklärt ist ebenfalls die Situation der Kurzarbeit in Waldkraiburg.
Andererseits ist dieser Haushalt ein Schlüsselhaushalt und eine Weichenstellung für eine ganze Reihe finanzintensiver Entscheidungen.
Daher ist es für die Verantwortlichen der öffentlichen Gelder - also für den Stadtrat, unterstützt durch die Verwaltung - nicht nur angezeigt, sondern zwingend notwendig, getroffene oder auch anstehende Beschlüsse nochmals zu hinterfragen, wenn sich die finanziellen Rahmenbedingungen so massiv verändern, wie das derzeit der Fall ist!
Es ist unserer Meinung nach richtig, wenn der Staat und die Kommunen in Krisenzeiten investieren, um Wirtschaft und Arbeitsplätze aufrecht zu erhalten. Aber es kommt natürlich auf das richtige Maß und die Gewichtung in der Umsetzung an.
Die nötigen Investitionen bis zu 34 %, die im Investitionshaushalt für Kindergärten und Schulen enthalten sind, können wir mittragen und unterstützen. Sie gehören zu den Pflichtaufgaben einer Stadt, die Vorrang haben müssen. Hier ist es angebracht darauf hinzuweisen, dass bei absehbar zunehmender Bevölkerung auch der Spielplatzausbau in den nächsten Jahren mit aufgenommen werden muss.
Die restlichen Investitionen des 77 Millionen großen Investitionspaketes der nächsten 5 Jahre verteilen sich wie folgt: 25% Rathaus, 16% Waldbad, 5% Straßen, 20% Sonstiges. Ob die Fertigstellung einzelner Projekte möglicherweise kostenintensiv gestoppt werden muss, ob Maßnahmen zu Gunsten der getroffenen Priorisierung teilweise bzw. ganz entfallen oder ob dem enormen Zeitdruck der Bauzeit (Erhalt von Fördermitteln) geschuldet die geplanten Auszahlungen Stand halten können, wird sich in den nächsten Jahren nachhaltig aber hoffentlich nicht schmerzlich zeigen.
Dem Weg, den die SPD Fraktion seit 2-3 Jahren geht, mehr Investitionen im Kindergarten- und Betreuungsbereich zu fordern, wurde erkennbar Rechnung getragen; weitere Investitionen in diesem Sektor sind zu erwarten.
Ein belastender Baustein und größter Einzelposten im Investitionsplan ist das Rathaus, dessen Neubau wir als SPD Fraktion aus vorgenannten Gründen ablehnend gegenüber stehen.
Wird das Investitionsprogramm umgesetzt wie geplant, werden wir im Jahre 2024 auf einem Schuldenberg von 42 Mio. Euro sitzen. Weitere 8,7 Mio Euro Kreditbedarf stehen ab 2025 an. Was eine Veränderung des Zinsgefüges für die dauernde Leistungsfähigkeit bedeutet, sei hier nur angesprochen.
Diese enorme Schuldenlast sehen wir sehr kritisch. Dies umso mehr, als wir nicht der Meinung sind, dass in den kommenden Jahren eine Senkung der Kreisumlage zu erwarten ist; es wäre bereits ein Erfolg, wenn die weitere Erhöhung unter dem avisierten Satz von 2,3 Punkten bliebe. Immerhin belastet der Punkt Kreisumlage, je nach Umlage-kraft die Stadt Waldkraiburg im Jahr mit 275.000 bis 300.000 Euro!
Aber auch der Landkreis steht vor großen finanziellen Herausforderungen und im großen Finanzverbund stehen die Kommunen und ihre Bürger*innen eben ganz am Ende der Finanzbelastungen.
Man muss hinterfragen und Antworten finden, vor allem wenn es um Projekte geht, die man gerne umsetzen möchte, aber keine kommunalrechtliche Priorität haben. Beim Rathaus ist unserer Meinung nach eine Sanierung nicht ausreichend und zielorientiert hinterfragt worden. Ist das Vorhaben bei der dargestellten Verschuldung so umsetzbar oder muss man auch über alternative Lösungen mit einer geringeren finanziellen Belastung bzw. einer Belastungsstreckung nachdenken. Ein Architektenwettbewerb nur für einen Neubau ist für unsere Fraktion zu einseitig. Man muss den Bürgern schon erklären können, warum ein Neubau und nicht eine Sanierung die konstruktivere Konsequenz wäre.
Die Berechnungen von 2018 zeigten bei einer Sanierung 19,4 Mio. Euro, bei einem Neubau 24,5 Mio. Euro. Dabei sind auch die eingestellten finanziellen Entlastungen über Zuschüsse und Grundstückserlöse bisher reine Annahmen und keinesfalls als Finanzierungsbeitrag zum Neubau gesichert! Auch eine konkrete Bürgerbeteiligung per unbürokratischer Meinungseinholung (ggf. über „Stadtinfo“) vermissen wir! Es wäre außerdem eine weitere Möglichkeit zur Entscheidungsfindung gewesen, wenn die Beschäftigten nicht nur einzeln bzw. punktuell mit einbezogen worden wären, was in ihren Augen verträglicher erscheint – Sanierung oder Neubau.
Neben dem Rathaus ist auch die Nachverdichtung ein großes Thema in Waldkraiburg. Dazu möchten wir anmerken, eine Verdichtung um jeden Preis hat nicht unsere Priorität. Es ist wichtig, dass Wohnkultur, sich Wohlfühlen und die Wohnqualität im Einklang stehen mit der Erhaltung von Raum für die Natur und der Entwicklung im ökologischen Bereich. Dabei darf man diese Bereiche jedoch keinesfalls gegeneinander ausspielen. Bei aller notwendigen Schaffung von neuen Wohnungen ist nicht zu vergessen, bezahl-baren Wohnraum für unsere finanziell schwächeren Bürger*innen zu schaffen. Deshalb erachten wir als SPD Fraktion es als zwingend notwendig, den Sozialen Wohnungsbau auch weiterhin zu berücksichtigen und zu fördern, zumal der qm Preis in Waldkraiburg die 10 Euro Marke bereits erreicht hat.
Zur Personalsituation im Rathaus:
Fluktuation aktuell und Personalbedarf in der Zukunft sind für uns auffällig.
Einige Beschäftigte, die wir sogar ausgebildet haben, verlassen uns oder Hoffnungen auf eine adäquate Einstellung nach der Ausbildung erfüllen sich nicht.
Für uns stellt sich die Frage, liegt es am Personal- oder am Organisationsentwicklungs-prozess, indem man nur manche mitnimmt, andere aber „vergisst“?
Liegt es an der externen Beratung? Die Umorganisation kostet uns in 3 Jahren ca. 150 000 Euro. Wie geht es in diesem Bereich weiter?
Tun wir die richtigen Dinge?
Wie sieht es mit der Wertschätzung langjähriger Mitarbeiter*innen aus? Haben wir die richtigen Führungskräfte?
Notwendig ist unserer Ansicht nach ein Ausbau der Ausbildung im eigenen Haus aller Verwaltungsbereiche. Nur wenn man selbst ausbildet, gibt es eine positive Identifikation zur eigenen Verwaltung.
Tun wir die Dinge richtig?
Dieser Haushaltsplan bereitet sicherlich allen, die sich mit der Zukunft unserer Stadt auseinandersetzen, großes Kopfzerbrechen. Nach den uns bekannten Reaktionen auf den Haushaltsbericht der Presse aus dem Haupt- und Finanzausschuss hat diese Sorge auch die Bürger*innen erreicht – maximale Investitionssumme vs. maximale Verschuldung in der Stadtgeschichte!
Trotzdem stimmt die SPD Fraktion dem Haushalt grundsätzlich zu, um den Investitionen im Bereich Kindergarten/Schulen, Schwimmbad, Straßen und anderen Pflichtaufgaben den Weg frei zu machen.
Nicht mittragen können wir aber aus aktuellem Anlass einen Neubau des Rathauses.
Richard Fischer
Fraktionssprecher der SPD